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leseprobewirtschaft

von den tücken der selbstanzeige. wirtschaft regional vom 25. april 2009

selbstanzeige steuerhinterziehung

«Man muss die Tücken kennen»

Unter deutschen Steuerhinterziehern geht die Angst um. Trocknen Steueroasen aus, fliegen auch sie früher oder später auf. Die Nürnberger Steuerberaterin Saskia Bonenberger rät bei Selbstanzeigen zu äusserster Vorsicht.

Mit Saskia Bonenberger sprach Wolfgang Frey

Frau Bonenberger, haben Sie nervöse Mandanten?

Saskia Bonenberger: Ja, sicher, die habe ich. Vermehrt seit dem Fall Klaus Zumwinkel. Und seit die Diskussion über die Trockenlegung von Steueroasen angefangen hat, wird die Nervosität noch spürbarer. Die Leute haben Angst.

Aus gutem Grund. In Deutschland stehen auf Steuerhinterziehung bis zu zehn Jahre Gefängnis. Haben Sie Antworten auf die bangen Fragen Ihrer Mandanten?

Ja. Es gibt natürlich verschiedene Konstellationen. Aber in klassischen Fällen, wo jemand einfach nur Kapital in einer Liechtensteiner Stiftung oder auf einem Konto im Ausland versteckt hat, es also nur um hinterzogene Steuern auf Kapitaleinkünfte geht, rate ich zur Selbstanzeige.

Weil es irgendwann herauskommen könnte?

Einmal das. Das Risiko steigt. Zum anderen, weil man dieses Risiko nicht auch noch an die nächste Generation weitergeben muss. Viele Leute, die ihr Geld ins Ausland gebracht haben, haben Kinder, die als Wirtschaftprüfer, als Anwälte arbeiten oder als Unternehmer im Rampenlicht stehen. Die wollen nicht unbedingt ein Schwarzgeldrisiko als Erbe antreten.

Also ist die strafbefreiende Selbstanzeige der Königsweg?

Wenn man es richtig macht, hat man null Risiko und der Fall ist ein für alle Mal erledigt. Es ist auch gar nicht so schwierig. Aber man muss die Tücken kennen.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel muss man dem Mandanten sagen, dass ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet wird, um zu prüfen, ob die Selbstanzeige tatsächlich alle Bedingungen erfüllt. Ist das so, wird das Verfahren wieder eingestellt.

Eine der Bedingungen für Straffreiheit lautet, dass das Finanzamt alle nicht deklarierten Einnahmen nachvollziehen kann. Dazu braucht es im Zweifelsfall wahrscheinlich eine Menge Belege.

Ja, zuweilen kistenweise. Der Berater muss die Unterlagen haben, um die hinterzogenen Steuern nachträglich richtig deklarieren zu können.

Eine der goldenen Regeln des Offshore-Bankings lautet: «Der Kunde darf keine Belege zu Hause haben.»

Das kann zum Problem werden. Man kann sich die Unterlagen mit der Post vom Bankier oder dem Treuhänder schicken lassen. Das birgt aber gewisse Risiken.

Warum? Es gibt doch ein Postgeheimnis.

Post kann immer in die falschen Hände geraten. Es gab zum Beispiel schon den Fall, dass eine Unternehmerin von ihrem Exgeliebten mit seinem Schwarzgeldwissen erpresst wurde, das er hatte, weil der die entsprechende Post geöffnet hatte.

Also sollte man sich so etwas nicht nach Hause schicken lassen?

Auf keinen Fall. Besser, man lässt es an seinen Berater schicken. Aber eigentlich ist die Post nicht der ideale Weg. Diese dicken, weissen, neutralen Umschläge, die Offshore-Banken und Treuhänder so gerne verwenden, werden am Zoll gerne aufgemacht, wenn sie entdeckt werden. Für Zollbeamte sieht das oft nach Rauschgift aus. Ich habe schon oft solche Briefe gesehen, die auf ihrer Reise ganz offensichtlich geöffnet wurden.

Darf der Zoll solche Unterlagen an die Steuerfahndung weitergeben?

Nein, darf er nicht. Es gibt ja noch das Postgeheimnis. Aber das Risiko ist hoch, dass es dennoch passiert.

Dann sollte man also besser nach Vaduz fahren und die Unterlagen persönlich abholen?

Besser nicht. Am Zoll wird regelmässig kontrolliert. Mancher musste sich dort schon bis auf die Unterhose ausziehen. Und wenn bei der Durchsuchung des Autos Bankunterlagen gefunden werden – und je besser sie versteckt waren -, desto eher wird der Zoll davon ausgehen, dass sie Ihnen gehören, sie beschlagnahmen und womöglich an das zuständige Finanzamt weiterleiten.

In dem Fall wäre es für die Selbstanzeige dann wahrscheinlich zu spät. Strafbefreiend ist sie ja nur, solange der Fiskus noch keinen Verdacht geschöpft hat.

Nicht ganz. Zu spät ist es erst dann, wenn die Papiere im Finanzamt mit den vergangenen Steuererklärungen abgeglichen sind und man dort zu dem Schluss kommt, dass eine Steuerhinterziehung vorliegt.

Also könnte man selbst dann noch eine Selbstanzeige starten?

Wenn man ganz, ganz schnell ist, ja. Früher dauerte so eine Überprüfung etwa drei Wochen. Heute geht das mitunter in drei Tagen. Die Finanzämter sind schneller geworden.

Postweg und persönliche Abholung von Unterlagen sind also recht gefährlich. Welche Alternative gibt es?

Wenn, dann sollte der Berater die Unterlagen vor Ort abholen. Er wird am Zoll weniger in Bedrängnis kommen, da man ihm abnehmen wird, dass das nicht seine Unterlagen sind. Nur sollten sich auf den Belegen keine Namen finden. Oft tauchen in Buchungssätzen aber welche auf. Das kann tödlich sein. Am besten ist, der Berater bringt die Belege auf einem sicher verschlüsselten Datenträger über die Grenze.

Wenn diese Hindernisse überwunden sind, ist man aber aus dem Schneider?

Der Berater kann dann zumindest die nicht deklarierten Einkünfte berechnen und sie dem Finanzamt schicken. Dann muss der Steuerpflichtige innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist allerdings auch noch zahlen.

Die hinterzogenen Steuern plus sechs Prozent Hinterziehungszinsen pro Jahr – und das wegen der Verjährungsfrist am besten für die vergangenen zehn Jahre. Das kann doch sicher ganz schön teuer werden.

Ja, das kann es. Wenn ich im ersten dieser zehn Jahre zum Beispiel 1000 Euro Steuern auf Zinseinkünfte hinterzogen habe, muss ich für dieses Jahr eben diese 1000 Euro Steuern zurückzahlen, plus zehn mal sechs Prozent Zinsen, also noch mal 600 Euro.

Das ist für einige, die sich entscheiden, ihr Geld zu deklarieren, sicher ein böses Erwachen.

Die meisten sind sich schon bewusst, dass die Hälfte des Geldes weg sein kann. Damit muss man schon rechnen mit allem drum und dran. Wer sein Geld zum Beispiel in einer Aktienanlage investiert hatte, wird für die guten Börsenjahre möglicherweise ganz gut nachzahlen müssen. Vielleicht hat er gleichzeitig das Pech, dass das Gros seines Geldes durch den jüngsten Crash aufgefressen wurde. Dann wird es in der Tat teuer. Und wer sein Geld einer echten Stiftung im deutschen Sinn übertragen hat, darf die Schenkungssteuer nachzahlen. Im Extremfall kann es passieren, dass nach der Selbstanzeige das ganze Geld deklariert, aber weg ist.

In dem Fall hat sich die ganze Steuerhinterziehung ja gar nicht gelohnt.

Auf den ersten Blick nicht. Andererseits hat derjenige ja auf diese Weise vielleicht schon seit dreissig Jahren weniger Steuern gezahlt und das Geld gewinnbringend angelegt.

Also im Zweifelsfall lieber deklarieren, auch wenn es teuer werden kann?

Ja. Was ist, wenn Finanzplätze wie Liechtenstein und die Schweiz demnächst transparenter werden und es zu einer Art von Datenaustausch kommt? Dann geht es bei einer Entdeckung nicht nur um Geld, sondern auch um das Risiko einer Gefängnisstrafe. Diese Art von Geldverstecken war ein Spiel, dass lange niemand böse genommen hat. Aber diese Zeiten sind vorbei.

Saskia Bonenberger ist Partnerin der internationalen Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei Rödl & Partner. Sie ist zudem Mitautorin des Buches «Steuerfahndung: Situation erkennen, vermeiden, richtig beraten».

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