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dieser choreograph lässt sich nicht so einfach abschaffen. william forsythe organisiert einen internationalen proteststurm. exklusiv. für ddp, im mai 2002

31.05.02 - 18:11:00 - DDP 733

(Zusammenfassung durchgehend neu)
Forsythe kämpft um sein Ballett
Internationaler Proteststurm - Sandig: «Kulturpolitische Bankrotterklärung» Frankfurts

--Von Wolfgang Frey--
(mit Bild vom 29. Mai)

Frankfurt/Main (ddp). Der Frankfurter Choreograph William Forsythe kämpft um sein Ballett. Der Intendant, den einige Politiker der Main-Metropole offenbar für verzichtbar halten und dessen Avantgarde-Ballett sie durch Gastspiele mit klassischem Programm ersetzen wollen, sprach am Freitag in der «New York Times» von einer «heimtückisch» geführten Kampagne. Leute mit «viel Geld» wollten der Kulturlandschaft offenbar ihren «persönlichen Geschmack» aufdrücken, schimpfte er. Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) geriet angesichts der wachsenden Zahl internationaler Solidaritätsadressen für Forsythe weiter unter Druck.

Forsythe nannte Pläne, das moderne Ballett durch einen Gastspielbetrieb namhafter Ensembles mit klassischem Repertoire zu ersetzen, «illusorisch». Bereits jetzt habe er Briefe von Ballett-Kompanien in aller Welt erhalten, die einen «Boykott» Frankfurts angekündigt hätten.

Jochen Sandig von der künstlerischen Leitung der Berliner «Schaubühne» sprang Forsythe bei und sprach von einer «kulturpolitischen Bankrotterklärung» Frankfurts und einer «Schande für die Stadt». Wenn Forsythe «aus der Stadt verjagt» werde, verliere Frankfurt «seinen wichtigsten Künstler überhaupt», sagte Sandig. Offenbar finde am Main «eine Art Kulturkampf» statt, bei dem es darum gehe, innovative Künstler gegen gefällige auszuspielen, sagte Sandig nicht zuletzt mit Blick auf die Diskussion um das TAT-Theater. Offenbar solle alles Innovative «vernichtet» werden.

Sandig appellierte an die politisch Verantwortlichen, die «absurde Idee», zu begraben, das Ballett, dass in seiner aktuellen Form abzuschaffen. Er forderte Oberbürgermeisterin Roth auf, «ihr Schweigen zu brechen» und die seit Tagen andauernde Diskussion zu beenden. Jeder weitere Tag richte neuen Schaden an. «Ich kann mir vorstellen, dass Forsythe irgendwann an den Punkt kommt, wo er die Koffer packt», sagte Sandig.

Roth geriet auch international unter Druck. Forsythe hatte Freunde in aller Welt um Hilfe gebeten. «Wir versichern Ihnen, es ist das Ballett Frankfurt und speziell seine Leitung durch William Forsythe, die das internationale Bild Frankfurts so verändert hat, dass die Stadt heute als Kulturstadt genauso wie als Bankenstadt wahrgenommen wird», heißt es in einem am Freitag veröffentlichten offenen Brief prominenter Kulturschaffender an Roth. Zu den 22 Unterzeichnern zählen Ballettgrößen wie Mikhail Baryshnikow, Pina Bausch, Valery Gergiev, Opernintendant Sir Peter Jonas und Regisseur Peter Sellars.

Am Nachmittag sandte Roth, die nicht für eine Stellungnahme zur Verfügung stand, ein versöhnliches Signal aus. In einem Telefongespräch lud sie Forsythe für Montag zu einem Treffen ein. Dieser, inzwischen schon versöhnlicher gestimmt, habe sich über den Anruf «gefreut», hieß es im Ballett. Zusagen jedweder Art habe Roth in dem Telefonat aber nicht gemacht.

Kämmerer Horst Hemzal (CDU) hatte seine Vorstellungen fürs Ballett und das TAT zuvor konkretisiert: «Ich halte den Sparvorschlag, das TAT als eigenständige Sparte abzuschaffen, für richtig», sagte Hemzal und fügte hinzu: «Das gilt auch beim Ballett.» Allein beim Ballett ließen sich so fünf Millionen Euro pro Jahr sparen.

(Weitere Quellen: Hemzal in der «Frankfurter Rundschau», Sandig
auf ddpAnfrage in Berlin)



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