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leseprobestaatsaffaere

deutsche sprache, schwere sprache. von medialen missverständnissen im deutschen sprachraum. veröffentlicht unter anderem im st. galler tagblatt, st. gallen, schweiz, und in wirtschaft regional, vaduz, liechtenstein, im februar 2008

22. Februar 2008

Das grosse Missverständnis
Deutschland kennt keinen Steuerbetrug, nur Steuerhinterziehung

Das Wort "Steuerbetrug" ist den Deutschen fremd. Sie kennen nur die "Steuerhinterziehung". Das macht die Kommunikation mit der "Steueroase" Liechtenstein schwer und sorgt für falsche Siegesmeldungen.

Von Wolfgang Frey

Vaduz. - Da haben einige wohl etwas falsch verstanden. "Merkel macht Druck - Hasler rudert zurück", titelte beispielsweise die Online-Ausgabe der "Zeit" nach dem Staatsbesuch von Liechtensteins Regierungschef Otmar Hasler bei Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und das klang – ebenso wie in anderen deutschen Zeitungen - fast so, als sei der Vaduzer Staatsgast eingeknickt. Mitnichten. Hasler bemühte sich in Berlin zwar sichtlich um Entspannung und bot auch Kooperation an. Allerdings nicht im Fall der Steuerhinterziehung, nur beim Steuerbetrug. Letzteren kennt man im bundesdeutschen Sprachgebrauch allerdings nicht. Das sorgte ganz offenbar für einige Missverständnissse.

Dieses semantische Problem haben die Deutschen nicht nur mit Liechtenstein. Auch in der Schweiz wird zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug unterschieden. Ein Steuerhinterzieher ist in diesen Ländern jemand, der einen eigentlich zu versteuernden Betrag in der Steuererklärung einfach nicht angibt, ihn also vor dem Fiskus versteckt. Das ist in Liechtenstein nur ein zivilrechtliches Vergehen. Auch in der Schweiz wird das nur mit einer Busse belegt.

Der Betrüger muss fälschen
Wer seine Steuern allerdings mit Hilfe gefälschter Dokumente hinterzieht, begeht auch in Liechtenstein und in der Schweiz eine Straftat. Der Steuerbetrüger ist jemand, der seine Geschäftsbücher und Bilanzen fälscht, um weniger Steuern zahlen zu müssen. Oder ein Steuerzahler, der Rechnungen erfindet, die er nie bezahlt hat, nur, um seine Steuerlast zu senken. Ein solcher Steuerbetrug, das stellte Hasler am Freitag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) klar, werde "bei uns so geahndet wie in Deutschland". Nur eben nicht die Steuerhinterziehung.

In Deutschland stehen allerdings schon darauf bis zu zehn Jahre Gefängnis. Für ein Strafverfahren muss dort niemand eine Urkunde falschen. Es reicht, in der Steuererklärung etwas zu verschweigen und damit seine Steuern zu verkürzen.

"Alte Rechtstradition"
In solchen Fällen will Liechtenstein auch in Zukunft keine Rechtshilfe leisten oder das Bankgeheimnis lüften, wie es die deutsche Bundesregierung fordert. Hasler unterstrich in der FAZ, in Liechtenstein sei es seit 80 Jahren "alte Rechtstradition", dass "passive Steuerhinterziehung" nur als "verwaltungsrechtlicher Verstoss" bewertet werde, der allerdings "ernste finanzielle Konsequenzen" haben könne. Einzige Ausnahme: Im Betrugsabkommen mit der EU verpflichtet sich Liechtenstein – ebenso wie die Schweiz - bei der Hinterziehung von Mehrwertsteuersteuern, Amtshilfe zu leisten.

Wenn Hasler also davon spricht, dass sich Liechtenstein in Finanzangelegenheiten "auf einem Reformweg" befinde und konsequent gegen die Kriminalität vorgehe, hat das mit den deutschen Rechtshilfewünschen in Sachen der Hinterziehung von Einkommensteuern nichts zu tun. Liechtenstein kommt Deutschland in dieser Frage nach derzeitigem Stand ebenso wenig entgegen, wie in der Frage der anonymen Stiftungen.

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