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steueroasen-lobbyisten in washington: mit vielen dollars gegen schwarze listen. wirtschaft regional vom 27. juni 2009


lobbyisten

Die Stunde der Lobbyisten

Auf mancher Insel geht seit der Wahl des erklärten Steuroasen-Austrockners Barack Obama zum US-Präsidenten die Angst um. Mit teuren Lobbyisten versuchen ihre Regierungen in Washington, von schwarzen Listen zu kommen.

Von Wolfgang Frey

Washington. – Gemessen an den Milliardensummen, die US-Bürger angeblich weltweit in Steuerparadiesen wie den Cayman- oder den Kanalinseln vor den Steuerämtern versteckt haben, wirken die Honorare gering, die Cayman & Co grossen US-Kanzleien in Washington zahlen, um das Steueroasen-Sanktionsgesetz des Senators Carl Levin zu verhindern oder zumindest von der darin integrierten schwarzen Liste herunterzukommen. Aber 800 000 US-Dollar sind dennoch eine ganz schöne Summe. Soviel haben laut der Internetseite «law.com» allein Malta, die Isle of Man und die Cayman-Inseln zusammen für Lobbyisten im Weissen Haus, im Senat und im Repräsentatenhaus ausgegeben, seit der Gesetzentwurf von Levin auf der Tagesordnung steht.

Hardliner Carl Levin
Dass mit Levin nicht zu spassen ist, hat schon die UBS in der Steueraffäre gemerkt. Levin war der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses des US-Senats, der im vergangenen Jahr Manager der Schweizer Bank vorlud und ihnen Verschwörung zur Steuerhinterziehung vorwarf, er war es, der dort den Liechtensteiner Datendieb Heinrich Kieber per Video als Kronzeugen aufrief. Und er lässt auch seither keinen Zweifel daran, dass er es ernst meint mit seinem Kampf gegen Steuerhinterziehung und -oasen.

Sein Gesetzentwurf, der «Stop Tax Haven Abuse Act», der im März in den parlamentarischen Prozess in den USA eingebracht wurde, sieht Sanktionen für US-Bürger und -Unternehmen vor, die mit «unkooperativen» Hoheitsgebieten geschäften und zugleich auch für diese Hoheitsgebiete selbst. Zum Beispiel will Levin den Gebrauch von Kreditkarten aus diesen Ländern in den USA verbieten. Die Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) soll mehr Rechte und Personal erhalten, um verstärkt gegen Steuerhinterzieher vorzugehen, Strafen und Auskunftspflichten sollen durchweg verschärft werden.

Eine Liste mit 34 Ländern
Levins Steueroasenliste umfasst 34 Länder, die die Erfahrungen der IRS-Fahnder widerspiegeln, darunter Liechtenstein, die Schweiz, Luxemburg, Malta, die Cayman Inseln, die Kanalinseln und die Isle of Man. Je nach Kooperationsbereitschaft eines Landes und der Effizienz geschlossener Steuerabkommen, soll die Regierung Länder der Liste hinzufügen, sie aber auch von ihr streichen können. Darauf, vielleicht irgendwann einmal gestrichen zu werden, wollen sich einige der gelisteten Staaten aber nicht verlassen. Deshalb haben sie grosse Anwaltskanzleien in Washington engagiert, die für sie Überzeugungsarbeit leisten sollen.

Insel-Lobbying im dritten Jahr
Die Kanalinsel Jersey zum Beispiel hat wie die benachbarte Insel Guernsey und die in der Irischen See gelegene Isle of Man die Kanzlei White & Case, «eine in der Tat führende internationale Kanzlei» (Selbstdarstellung), damit beauftragt, rund um Kongress und Weisses Haus gut Wetter zu machen. Zum ungenannten Stundensatz, so geht aus dem bereits im Mai 2007 erteilten Auftrag an White & Case vor, der nach US-Bestimmungen veröffentlicht werden muss und «Wirtschaft regional» vorliegt, sollen die Lobbyisten von White & Case ihre Kontakte zum US-Schatzamt, dem Aussenministerium und dem Steuerausschuss des US-Kongresses spielen lassen.

18 Treffen in zwei Tagen
Am 24. und am 25. März organisierte die Kanzlei anlässlich einer Reise von drei Mitgliedern der Inselregierung in die Vereinigten Staaten 18 Treffen mit US-Offiziellen, darunter der Chefermittler eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, Senatoren, ein IRS-Direktor und Mitglieder des Steuerausschusses des Repräsentantenhauses. Einziges Thema: die schwarze Steueroasenliste. Weitere Überzeugungsarbeit leisteten die Helfer von White & Case allein im März mit insgesamt 32 E-Mails an Vertreter von Senat, Repräsentantenhaus und Steuerbehörde.

Ausweislich der nach dem «Foreign Agents Registration Act» auf der Internetseite des US-Justizministeriums veröffentlichten Informationen zahlte Jersey für den Service von Oktober 2008 bis März dieses Jahres 90 476 US-Dollar. Was die Vorbereitung und Organisation der 18 Treffen gekostet hat, wird einer späteren Abrechnung und damit auch einer späteren Pflichtveröffentlichung der Kanzlei vorbehalten bleiben. Von Guernsey erhielt White & Case im gleichen Zeitraum 175 679 Dollar, von der Isle of Man 136 698 Dollar. Wie aus den Lobbying-Verträgen hervorgeht, ging es auch diesen beiden Inseln um Treffen mit Repräsentanten des US-Schatzamtes, des Aussenministeriums, des Kongresses und ganz allgemein um «Steuern und Finanzen».

Lobbying für 460 Dollar pro Stunde
Die Regierung der Karibikinsel Barbados hat die Washingtoner Kanzlei Berliner, Corcoran & Rowe am 21. Januar ganz ungeschminkt mit Lobbying gegen Levins Gesetzentwurf beauftragt, zu einem Stundensatz von 260 bis 460 Dollar. Die Kostenschätzung für die Aufgabe beläuft sich auf 13 650 Dollar – zuzüglich Spesen -, der Vorschuss auf 5000 Dollar.

Das Finanzministerium von Singapur hat mit Miller & Chevalier am 10. Februar eine Monatspauschale von 13 000 Dollar für Beobachtung und Beratung hinsichtlich relevanter «Steuerentwicklungen in den USA» vereinbart, Spesen ex- und Treffen mit US-Repräsentanten inklusive. Der Vertrag läuft bis Ende Jahr.

Malta hat bei Sonnenschein Nath & Rosenthal gleich zweimal zugeschlagen. Die Maltesische Botschaft schloss am 16. März einen Beratervertrag, um die Verhandlungen über ein Informationsaustauschabkommen in Steuerfragen mit den USA zu führen, ein monatlicher schriftlicher Report inklusive. Kostenpunkt: 15 000 Dollar pro Monat. Gleichentags beauftragte die maltesische Finanzmarktaufsicht die gleiche Kanzlei mit einem noch aufwendigeren Mandat in derselben Angelegenheit. Monatliche Pauschale 25 000 Dollar plus Spesen.

Listen gegen Listen
Eins der Argumente, dass die Lobbyisten in Washington vorbringen, ist, dass die Levin-Liste überholt sei. Verschiedene Länder haben sich inzwischen in der Tat wie Liechtenstein und die Alpenländer zur Einhaltung der Transparenzstandards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bekannt, die die Herausgabe von Kontodaten beim Verdacht auf Steuerhinterziehung vorsehen, und tauchen daher nicht mehr auf der schwarzen Liste der OECD auf. Einige Staaten wie Liechtenstein (siehe Box) haben zudem inzwischen Informationsaustauschabkommen mit den USA geschlossen. Um diese jüngsten Entwicklungen zu untermauern, hat etwa Malta die im April von der OECD herausgebebenen Listen dem Lobbying-Vertrag gleich als Dokument beigefügt. Viele der Mails, die Jerseys US-Anwälte an US-Repräsentanten geschrieben haben, enthielten Pressemitteilungen der OECD zu neu abgeschlossenen bilateralen Abkommen zum Informationsaustausch.

Listenfreie Alternative
Hunderttausende von Dollar also, um den eigenen Namen von der Liste des Levin-Gesetzesentwurfs zu bringen, diesen ganz zu stoppen – oder einen konkurrierenden Gesetzentwurf zum Favoriten der Parlamentarier zu machen. Den von Senator Max Baucus aus Montana zum Beispiel. Auch dieser Entwurf, der allerdings noch nicht im parlamentarischen Prozess ist, sieht ein schärferes Vorgehen gegen Steuerhinterzieher und Paradiese vor. Doch in einem wesentlichen Punkt unterscheidet er sich von Levins Vorschlag: Er enthält erst gar keine Steueroasenliste.

 

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