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laszlo kovacs: beerdigung des bankgeheimnisses

eu amtshilferichtlinie

"Wirtschaft regional" vom 7. februar 2009.

Stiftungen im Fadenkreuz

Der Streit ums EU-Betrugsabkommen geht in die nächste Runde. Die Finanzminister der Gemeinschaft werden die EU-Kommission am Dienstag voraussichtlich zu Nachverhandlungen auffordern. Im Visier haben sie vor allem Stiftungen.

Von Wolfgang Frey

Vaduz/Brüssel. – Das Betrugsabkommen ist der letzte Tagesordnungspunkt der Sitzung. Unter «Verschiedenes» werden die EU-Finanzminister wahrscheinlich irgendwann nach dem für 13.30 Uhr vorgesehenen Lunch eine Entscheidung fällen, der den Druck auf Liechtenstein weiter erhöhen wird.

Der Beschluss zur Nachverhandlung des Betrugsabkommens dürfte dem deutschen Finanzminister Peer Steinbrück gefallen. Er blockiert das seit Monaten fertig verhandelte Abkommen bekanntlich, weil es ihm nicht weit genug geht. Nun hat er sich offensichtlich in der EU-Finanzministerriege mit seiner Forderung durchgesetzt, die EU-Kommission mit Nachverhandlungen zu beauftragen. So steht es jedenfalls im Beschlussentwurf der tschechischen EURatspräsidentschaft.

Als Ziel der Konsultationen ist dort formuliert, am Ende müsse das Abkommen die «effektive Amtshilfe» und den Zugang zu Informationen über «alle Arten von Kapitalanlagen, besonders Stiftungen und Trusts» ermöglichen.

Zankapfel Bankgeheimnis
Wie die «FrankfurterAllgemeine Zeitung» (FAZ) gestern unter Berufung auf EU-Diplomaten meldete, ist dies inzwischen innerhalb der Gemeinschaft unstrittig und der Beschlussentwurf der Ratspräsidentschaft könne daher am Dienstag mit der erforderlichen Einstimmigkeit verabschiedet werden. Bislang hatte vor allem Österreich, das selbst auf sein Bankgeheimnis pocht, Ablehnung signalisiert.

Hauptstreitpunkt beim Betrugsabkommen, das als Voraussetzung zu Liechtensteins Beitritt zum Schengen-Abkommen gilt, ist das Bankgeheimnis. Die EU verlangt seineAufhebung bei Verdachtsfällen von Steuerhinterziehung. Man wolle «mindestens» so viele Zugeständnisse, wie Liechtenstein den USA im kürzlich unterzeichneten Informationsaus-tauschabkommen TIEA gemacht habe, heisst es in der EU-Vorlage.

Liechtenstein will das Bankgeheimnis jedoch nicht im Rahmen des Betrugsabkommens aufgeben und Auskünfte nur erteilen, wenn es um Steuerbetrug geht, der auch im Land selbst strafrechtlich verfolgt wird. Weitergehende Kompromisse hat die Landesregierung allerdings im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen angeboten. Laut FAZ wird selbst innerhalb der EU-Kommission eingeräumt, dass das Betrugsabkommen in puncto Bankgeheimnis weiter geht als geltende Regelungen innerhalb der Gemeinschaft selbst.

Das könnte sich allerdings bald ändern.Am Montag hat EU-Steuerkommissar Lazslo Kovacs einenVorschlag zur faktischenAbschaffung des Bankgeheimnisses für ausländische Anleger innerhalb der EU präsentiert. Wird sein Vorstoss Wirklichkeit, käme Liechtenstein bei künftigen Verhandlungen mit der EU ein wichtigesArgument abhanden.


Die EU kürzt ihren Spiess

Der Vorstoss von EU-Kommissar Laszlo Kovacs zur Beerdigung des Bankgeheimnisses in der EU zielt nicht zuletzt auf Liechtenstein und die Schweiz. Im Streit ums Bankgeheimnis haben beide Länder womöglich bald ein Argument weniger.

Von Wolfgang Frey

Vaduz. – «Man kann von uns nicht mehr verlangen, als es im europäischen Rahmen üblich ist.» Kaum ein Argument ist im Streit ums Bankgeheimnis und ums Betrugsabkommen mit der EU seitens der liechtensteinischen Regierung in den vergangenen Monaten öfter gebraucht worden als dieses. Solange die EU-Staaten untereinander nicht schon im Verdachtsfall von Steuerhinterziehung Kontendaten austauschen, warum sollte Liechtenstein mit der EU ein weitergehendes Abkommen schliessen? Es sei doch eine «Selbstverständlichkeit als Partner eines gemeinsamen Wirtschaftsraums», sagte Regierungschef Otmar Hasler im November auf einem der Höhepunkte des Streits um das Betrugsabkommen mit der EU, «dass man gleich lange Spiesse bekommt».

«Steuerparadiese» im Visier
Mit dem am Montag bekannt gewordenen Vorschlag des EU-Steuerkommissars Laszlo Kovacs zur faktischen Abschaffung des Bankgeheimnisses innerhalb der EU kürzt die Staatengemeinschaft nun ihren Spiess. Und sie wird – sollte Kovacs mit seinem Plan durchkommen – in künftigen Abkommen bei ihren Verhandlungspartnern keine längeren mehr akzeptieren. Sein Vorschlag, erklärte Kovacs, werde den EU-Staaten in Verhandlungen über Fragen des Informationsaustauschs in Steuersachen sicher helfen, «einschliesslich einiger Steuerparadiese, die in der Regel jede Art von Auskunftsersuchen zurückweisen.» Heute fragten diese «Steuerparadiese», warum man von ihnen Informationen erwarte, die nicht einmal die EU-Staaten untereinander austauschten.

Kovacs Vorschlag ist zunächst nur ein Vorschlag. Zudem einer, der von allen 27 EU-Staaten gebilligt werden muss und der kontrovers diskutiert wird (siehe Box). Ein zumindest relativ klares Nein kommt aktuell aber nur noch von Österreich. Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker hatte erst im Herbst im Parlament erklärt, sein Land werde sein Bankgeheimnis «sicherlich nicht morgen früh aufgeben». Der luxemburgische Bankplatz, fügte er allerdings hinzu, «lebt nicht vom Bankgeheimnis, sondern vom Know-how der Banken und ihrer Angestellten.»

Damit steht Österreich in der EU auf längere Sicht womöglich alleine da. Und selbst Österreich zeigt sich verhandlungsbereit – wenn die Spiesse nur gleich lang sind. Die Sorge in Wien ist klar: Wenn Liechtenstein und die Schweiz ihr Bankgeheimnis verteidigen, Österreich es dagegen aufgeben muss, suchen sich die Kunden österreichischer Banken Institute in der Schweiz oder in Liechtenstein. «Da würden sich die Schweizer Banken freuen, wenn Österreich Wettbewerbsnachteile hätte», heisst es im Wiener Finanzministerium. Österreich sei bereit zum gegenseitigen Informationsaustausch, aber nur, wenn alle mitmachen.

Auch das klang vor ein paar Wochen noch etwas anders. Als es um die weitergehenden deutschen Forderungen im Zusammenhang mit dem zurzeit blockierten Betrugsabkommen zwischen der EU und Liechtenstein ging, hiess es aus Wien, selbst Österreich könnte die Forderungen Deutschlands nicht erfüllen, das Bankgeheimnis stehe schliesslich in der Verfassung.

Wien zunehmend kompromissbereit
Nun hat sich auch in Wien die Sprachregelung etwas verändert. Kanzler Werner Faymann und Finanzminister Josef Pröll sprechen sich nun lediglich gegen die «einseitige Aufhebung» des Bankgeheimnisses aus – mit dem Argument der gleich langen Spiesse. Nun schaut Wien also auf Bern und Vaduz. In Bern gibt man sich gewohnt gelassen, in Vaduz herrscht Wahlkampf und vor dem für Sonntagabend erwarteten Ergebnis heisst die Devise in der Koalitionsregierung: erst mal abwarten.

Kovacs Vorschläge würden das Bankgeheimnis in EU-Ländern für ausländische Kunden im Verdachtsfall aufheben. Vorgesehen sind auch ein automatischer Informationsaustausch in noch zu definierendem Umfang und eine enge grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Steuerfahnder. Die künftige Richtung der EU-Politik in Steuerfragen ist damit jedenfalls schon einmal unmissverständlich definiert.



Automatischer Informationsaustausch statt Bankgeheimnis

Die von EU-Kommissar Laszlo Kovacs am Montag präsentierten Richtlinien-Entwürfe laufen auf eine Abschaffung des Bankgeheimnisses und einen erweiterten automatischen Informationsaustausch zwischen den EU-Ländern hinaus.

Der Vorschlag für «eine Richtlinie des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung» solle die «grossen Schwachstellen» der heute geltenden Richtlinie Rates vom Dezember 1977 über die Amtshilfe zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten im Steuerbereich beheben, schreibt die Kommission. Ein «völlig neuer Ansatz» sei nötig. Der neue Entwurf geht entsprechend sowohl bei der Art der betroffenen Steuern als auch bei den Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Steuerfahndung weit über die alte Regelung hinaus.

• Geltungsbereich: Die Richtlinie gilt für alle Steuern, unabhängig davon, wie sie erhoben werden. Der Geltungsbereich wird auf die indirekten Steuern, die bisher in den Rechtsvorschriften der Europäischen Union über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden noch nicht erfasst sind, ausgeweitet. Das bedeutet, dass die Richtlinie für alle anderen indirekten Steuern als die Mehrwertsteuer und die Verbrauchsteuern (und direkten Steuern) gilt. Zudem gilt sie neu auch für Pflichtbeiträge zu den Sozialversicherungen.

• Betroffene Steuerschuldner:
Der dazu in der Richtlinie verwendete Begriff «Person» umfasst natürliche Personen und juristische Personen, sofern die geltenden Rechtsvorschriften dies vorsehen. Daneben auch Personenvereinigungen, den die Rechtsfähigkeit zuerkannt wurde, die aber nicht über die Rechtsstellung einer juristischen Person verfügen, zudem alle rechtlichen Vereinbarungen, einschliesslich Partnerschaften und Trusts, deren Einkünfte oder Kapital einer der in der Richtlinie erfassten Steuern unterliegen.

• Bankgeheimnis: Ersucht ein Mitgliedstaat im Einklang mit der Richtlinie um Informationen – wie begründet der Verdacht sein muss, ist nicht weiter spezifiziert -, so «trifft der andere Mitgliedstaat alle erforderlichen Massnahmen, um sich diese Informationen zu verschaffen, auch wenn er sie möglicherweise nicht für eigene Steuerzwecke benötigt». Eine Auskunftsverweigerung unter Berufung auf das Bankgeheimnis wird neu explizit ausgeschlossen: «Auf keinen Fall» sei der Artikel zu den Berufs- und Geschäftsgeheimnissen so auszulegen, «dass die ersuchte Behörde eines Mitgliedstaats die Bereitstellung von Informationen über einen Steuerpflichtigen, der seinen Wohnsitz aus steuerlichen Gründen in dem Mitgliedstaat der ersuchenden Behörde hat, nur deshalb verweigern kann, weil sich diese Informationen im Besitz einer Bank, eines anderen Finanzinstituts, eines Bevollmächtigten oder einer Person, die als Agent oder Treuhänder auftritt, befindet oder weil sie sich auf Besitzrechte von Personen bezieht.»
In der geltenden Fassung der Richtlinie von 1977 heisst es derzeit noch an der entsprechenden Stelle: «Diese Richtlinie verpflichtet nicht zu Ermittlungen oder zur Übermittlung von Auskünften, wenn deren Durchführung oder deren Beschaffung oder Verwertung durch die zuständige Behörde des auskunftgebenden Staates für ihre eigenen steuerlichen Zwecke gesetzliche Vorschriften oder ihre Verwaltungspraxis entgegenstünden.»

• Informationsaustausch: Die Möglichkeit zu einem automatischen informationsaustausch beim Verdacht auf Steuerhinterziehung bietet bereits die geltende Fassung der Richtlinie, allerdings in Einzelfällen und nach vorangegangenen Konsultationen der jeweiligen Behörden beider Länder. Im Entwurf für die neue Richtlinie heisst es dagegen: «Die zuständige Behörde jedes Mitgliedstaats leitet im Wege eines automatischen Austauschs Informationen über bestimmte Einkommens- und Kapitalkategorien an die übrigen Mitgliedstaaten weiter.»
Welche Informationen über welche Einkommens- und Kapitalkategorien das sein werden, steht noch nicht fest. Die Richtlinie sieht vor, dass die Kommission die Einzelheiten gemeinsam mit einem Ausschuss festlegt, in den die EU-Mitglieder Vertreter entsenden. Binnen zweier Jahre nach dem für 2010 geplanten Inkrafttreten der Richtlinie sollen die Ergebnisse vorliegen und Rechtskraft erlangen.



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